BürgerInnenbegehren der Initiative Quarnbeker Wind

Die Initiative "Quarnbeker Wind" hat am Mittwoch die in Quarnbek gesammelten Unterschriften für ein BürgerInnenbegehren bezüglich der geplanten Windkraftanlagen beim Amt Achterwehr eingereicht. Die von den Bürgerinnen und Bürgern befürwortete Frage der Initiative wird jetzt von der Kommunalaufsicht geprüft und vielleicht zugelassen. Oder auch nicht. Wir wurden und werden als Grüne Fraktion oft gefragt, warum wir denn so "leichtfertig" und "gegen die Gemeinde-Mehrheit" einen städtebaulichen Vertrag mit den Vorhabenträgern (Gut Quarnbek und Denker&Wulf AG) geschlossen haben. Wir haben zu diesem Thema im Laufe des Jahres diverse Infos auf allen Kanälen veröffentlicht.

Nun haben wir eine Stellungnahme zum aktuellen Sachstand geschrieben.

 

Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen Quarnbek zum Bürgerbegehren bzw. zum geplanten Bürgerentscheid bezüglich des Vorranggebietes PR2_RDE_056.

 

Als Kommunalpolitiker/Innen müssen wir uns in unserer täglichen Arbeit nach den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Schleswig-Holstein, den gesetzlichen Vorgaben des Kreises Rendsburg-Eckernförde sowie den Verordnungen unseres Amtes und der Gemeinde-Ordnung richten. 

 

In Bezug auf die Windkraft-Nutzung auf unserem Gemeinde-Gebiet hatten wir bereits 2016 für das damals geplante, inzwischen rechtskräftig bestätigte Vorranggebiet PR2_RDE_056 Widersprüche in Bezug auf die Höhe der Anlagen, das Biotopverbundsystem bzw. die Melsdorfer Au und die Belange bezüglich des denkmalgeschützten Torhauses des Gutes Quarnbek eingelegt. 

 

In drei Planentwürfen wurden unsere Einwände abgelehnt, unter anderem mit folgenden Begründungen: 

 

>>Ziel der Landesregierung ist, die Privilegierung von Windenergievorhaben gemäß § 35 BauGB durch eine Konzentrationsplanung in Form von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung zu ersetzen. Die kommunale Ebene soll von der ansonsten ihr obliegenden Konzentrationsplanung auf Grundlage des Bauplanungsrechts entlastet werden, einhergehend mit einer zulässigen Einschränkung der Planungshoheit der Gemeinden.<<

 

Das heißt: Wir sollen als „kommunale Ebene“ nach dem Willen der Landesplanung unser „ansonsten uns obliegendes Planungsrecht“ nicht wahrnehmen, das wird durch die Konzentrationsplanung des Landes ersetzt. 

 

Zur Höhenbegrenzung entgegnet uns das Land: 

 

>>Eine pauschale Höhenbegrenzung im geforderten Umfang ist nicht mit dem im Plankonzept erläuterten Ziel, Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung auszuweisen, vereinbar. Sie stellt eine zu pauschale, nicht ausreichend begründete Einschränkung der gesetzlich privilegierten Windenergienutzung dar. Ob im Einzelfall Höhenbeschränkungen erforderlich sind, ist auf der Ebene des Genehmigungsverfahrens zu klären. Ergänzend wird auf die Ausführungen im gesamträumlichen Plankonzept Ziffer 2.2.3 verwiesen<<

 

Bezüglich des Denkmalschutzes und der Biotop-Verbundachse entgegnet uns das Land: 

 

>>Hinsichtlich des Denkmalschutzes sind seitens der obersten Denkmalschutzbehörde keine entgegenstehenden Belange vorgetragen worden, so dass von einer Vereinbarkeit mit der Windkraftnutzung ausgegangen werden kann. Zumal eine Vorbelastung durch die Freileitungen besteht. Der Gewässer- und Biotopschutz kann im konkreten Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden und steht auf Raumordnungsebene nicht entgegen. Landschaftsschutzgebiete werden hier nicht in Anspruch genommen.<<

 

Wenn wir den Vorgaben des Landes, die für uns als Kommunalpolitiker bindend sind, vertrauen dürfen, sollen wir

 

1)      für privilegierte Gebiete der Windenergie-Nutzung keine Blauleitplanung betreiben 

 

2)      werden die Höhen und die Lage der potenziell zu errichtenden Windkraftanlagen bezüglich der Achtung des Natur- und Denkmalschutzes in diversen Genehmigungsverfahren unter Anhörung sämtlicher Behörden und Träger öffentlicher Belange festgelegt.

 

3)      wird selbstverständlich auch die Bundeswehr bezüglich der zulässigen Höhen der Anlagen im Genehmigungsverfahren ihre An- bzw. Einsprüche anmelden. 

 

Unter diesen Vorgaben haben wir einen städtebaulichen Vertrag mit den Vorhabenträgern geschlossen, der bis zu drei Anlagen in einer Höhe von bis zu 200 Metern vorsieht und der Gemeinde sowie unseren Bürgern erhebliche naturschutzrechtliche und monetäre Vorteile sichert.

 

Angesichts diverser notwendiger in den nächsten Jahren anstehender Gemeinde-„Großprojekte“ (Oberflächenentwässerung, Instandhaltung von Regenrückhaltebecken, Straßensanierungen, Um/Neubau des Feuerwehrgerätehauses) entlastet eine kontinuierliche Verbesserung der Gemeinde-Einnahmen alle Bürger/Innen. 

 

Erstaunt waren wir über die aktuell noch nicht zugelassene Frage zum Bürgerentscheid, die uns als Gemeinde dazu verpflichten soll, eine Bauleitplanung anzustreben und darin Höhen und Lage der Windenergieanlagen festzulegen.

 

Für den Fall, dass dieses BürgerInnenbegehren von der Kommunalaufsicht nach Prüfung zugelassen wird und von den Bürgerinnen und Bürgern befürwortet würde, wären wir als Gemeinde also gezwungen, gegen die Landesplanung bzw. die Vorgaben das Landes Schleswig-Holstein zu planen und zu handeln. 

 

Das ist ein Widerspruch, den wir als KommunalpolitikerInnen nicht verstehen und nicht auflösen können. Unterschiedliche Rechtsauffassungen von zwei Behörden des Landes und des Kreises können nicht auf Gemeindeebene aufgelöst werden, erst recht nicht in einem BürgerInnenentscheid. 

 

Davon abgesehen betrügen die Kosten der Gemeinde für einen solchen BürgerInnenentscheid mit Bauleitplanung nach Berechnung des Amtes Achterwehr ca. EUR 100.000. 

 

Ein anderes Thema ist die Art und Weise, mit der in unserer Gemeinde die nötigen Unterschriften für das BürgerInnenbegehren gesammelt wurden. Wir haben inzwischen einige Meldungen darüber erhalten, dass als „Überzeugungshilfe“ zur Unterschrift falsche Behauptungen aufgestellt wurden. Das reicht von „die aktuellen Anlagen laufen sowieso nur die Hälfte der Zeit“, „die neuen Anlagen müssten sowieso dauernd abgeschaltet werden, weil sie zu laut sind und Schatten werfen“ über eine angebliche vertragliche Verpflichtung zur Nicht-Errichtung weiterer Anlagen bis zu Vorwürfen der „Mauschelei“ in Richtung der Gemeindevertretung. Auch zu den möglichen Höhen auf dem Vorranggebiet wurde den Bürgerinnen und Bürgern an der Haustür nicht die Wahrheit erzählt, um eine Unterschrift zu erlangen. 

 

Insgesamt findet in unseren Augen eine von zahlungskräftigen Privatinteressen geschickt gesteuerte Kampagne statt, die einen Keil immer tiefer in unsere Gemeinde treibt. 

 

Die Gründung des Vereines, der, wie - bisher unwidersprochen - in den Kieler Nachrichten berichtet, in erster Linie den Zweck verfolgt, Anwaltshonorare über steuerlich begünstigte Spendenquittungen zu bezahlen, zeugt ebenfalls von einigem Geschick bei zweifelhafter Moral. 

 

Wir haben Verständnis dafür, dass die Anrainer mit direktem Blick auf die Windenergieanlagen versuchen, diese zu verhindern oder zu begrenzen. Gleichzeitig nehmen wir auch wahr, dass viele Bürgerinnen und Bürger eine Energiewende wollen und sich über den Stil und Mittel der Debatte in der Gemeinde wundern. 

 

Sollte das BürgerInnenbegehren zulässig sein, werden wir selbstverständlich weiterhin für unsere Position werben, die ein einvernehmliches Vorgehen mit den Vorhabenträgern zum Vorteil der ganzen Gemeinde und unser aller Umwelt vorsieht. 

 

Johann Schirren 

für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen 

in der Gemeinde Quarnbek